Stilecht französisch – mit Croissants, Kaffee und Tee – begann am Morgen eines Samstags im Februar 2025 unsere Tages-Exkursion in die elsässische Stadt Mulhouse. (Übrigens die erste Aktivität von „Kulturen in Kontakt“ seit, nun ja, ziemlich langer Zeit…) Der Treffpunkt in der Café-Terrasse bot den erwartungsfrohen Teilnehmenden einen ersten, Vorfreude weckenden Blick über den „Marché du Canal Couvert“. Nach einer herzlichen Begrüßung durch Sebastian, der als Vereinsvorsitzender und Co-Exkursionsleiter dazu einlud, die vielen von uns unbekannte Stadt Mulhouse zu erkunden und kennenzulernen, konnte es losgehen.
Dass Mulhouse eine sehr internationale Stadt ist, konnte beim Schlendern über den Markt auf anschauliche, unmittelbare Weise erfahren werden. Der „Marché du Canal Couvert“ präsentierte sich als ein lebendiges Kaleidoskop aus Farben, Düften und Geschmäckern. Von elsässischen Spezialitäten über französische Delikatessen und italienische Feinkost bis hin zu arabischen Leckereien – die Auswahl war schier unendlich.

Unsere mehrsprachige Begleiterin Nawel half uns dabei, mit den Händlern ins Gespräch zu kommen (u.a. auf arabisch!), die uns mit ihrer Freundlichkeit und ihrem Fachwissen beeindruckten. Nicht bei wenigen war der Geldbeutel nach dem Besuch auf dem Markt sehr viel leichter, die Einkaufstüten allerdings deutlich voller. Auch die Speicherkarten der Fotografie-Fans in der Exkursionsgruppe konnten gut gefüllt werden…
Der Markt bot einen faszinierenden Einblick in das alltägliche Leben in Mulhouse: Einheimische kauften ein, Sprachen vermischten sich, verschiedenste Kulturen waren erkennbar, auch die Armut mancher bettelnden Menschen wurde sichtbar. Und bei all dieser Vielfalt prägte ein friedliches Miteinander die Atmosphäre.

Nach dem Marktbesuch und dem etwas ungeplanten Programmpunkt „Parkplatz-Tetris“ (auch in elsässischen Städten sind günstige bzw. geeignete Parkplätze Mangelware) wurde bei einem Spaziergang die Altstadt erkundet. Das Mulhouser Stadtbild ist nicht unbedingt pittoresk, aber es verrät viel über die Geschichte der Stadt. Zweisprachige Straßenschilder erinnern an die wechselvolle Vergangenheit, in der Mulhouse zwischen Deutschland und Frankreich hin und her geriet, und natürlich an das starke elsässische Element in der Identität des Ortes. Besonders faszinierend waren auch die vielen Kunstobjekte im öffentlichen Raum: Street Art an den Häuserfassaden, Skulpturen in Parks und Straßen – sie verleihen Mulhouse einen einzigartigen und lebendigen Charakter.
Bei einem köstlichen Mittagessen im Restaurant „Les Saveurs du Liban“ konnten die Teilnehmenden nun auch der libanesischen Kultur auf sehr aromatische Weise begegnen. Vergleichbar mit spanischen Tapas wurden der ganzen Gruppe die typischen, libanesischen „Mezze“ serviert: eine Zusammenstellung aus verschiedenen kleinen Gerichten wie Auberginen-Creme, Hummus und Taboulé.
Im „Musée de l’impression sur étoffes“ tauchten wir am Nachmittag in die faszinierende Geschichte des Textildrucks ein, die Mulhouse einst zur Welthauptstadt dieser Kunstform machte. Es scheint kaum vorstellbar, dass dort, wo heute die dicht bebaute Mulhouser Innenstadt zu finden ist, früher in großer Zahl Manufakturgebäude der Textilindustrie standen und riesige Wiesen und Kuhställe Platz fanden (zum Beizen der Stoffe wurde Kuhmist und viel Platz zum Trocknen benötigt). Die Abgase der über 120 Kamine der Textilmanufaktur, so erklärte man uns, bezeugten damals am Himmel auf ungute Art und Weise die weltweit große Bedeutung von Mulhouse.
Die Fülle an vielen spannenden, unbekannten Informationen zur Textildruckgeschichte durch einen begeisterten Museumsführer wurde mit Exponaten von wunderschön veredelten, mitunter sehr alten Stoffmustern und von beeindruckend großen Druckmaschinen unterfüttert. Nicht zuletzt lud das helle, majestätische Treppenhaus des Museumsgebäudes zum Bewundern und Fotografieren ein.






Die vielen Impressionen zum Textildruck konnten wir beim anschließenden Stadtrundgang ein wenig sacken lassen. Sebastian und Nawel führten mit ausgewählten Häppchen an Informationen zu den architektonischen Besonderheiten von Mulhouse: dem „Bâtiment annulaire“ (Ringhaus), einem runden Wohnblock mit einem kleinen Park in der Mitte, dem Europaturm („Tour de l’Europe“), der mit seinen Seiten nach Deutschland, Frankreich und der Schweiz ausgerichtet ist und wiederum die Internationalität der Stadt symbolisiert sowie den Renaissance-Fassaden an der „Place de la Réunion“ und dem (protestantischen) „Temple Saint-Étienne“.
Um viele Eindrücke reicher und mit neuem Wissen und Verständnis über die Stadt Mulhouse endete die Exkursion so, wie sie begann: bei einem Heißgetränk und französischem Gebäck in einem heimeligen Café mit dem treffenden Namen „La Gourmandise“.

Dass auf dem Rückweg nach Deutschland die Nachricht über einen mutmaßlich terroristischen Angriff mit einem Toten und mehreren Verletzten Personen an ebenjenem Markt am „Canal Couvert“, auf dem wir am Vormittag noch entlang geschlendert waren, bei uns eintraf, hinterlässt zwiespältige Gefühle. Wie nah kann so eine schreckliche Tat passieren, ohne dass man selbst betroffen ist oder gar etwas davon mitbekommt? Wie schnell kann eine friedliche, vielfältige Begegnungsstätte wie dieser Markt sich in eine Szenerie der Gewalt verwandeln? Was bleibt nach einem so erfüllten, fröhlichen Exkursionstag und einer so verstörenden Nachricht?
Vielleicht die Erkenntnis, wie wichtig ebensolche Exkursionen und Reisen sind. Nur, wenn wir in Kontakt mit anderen, fremden Menschen und Kulturen kommen, wenn wir ihnen (vor-)urteilsfrei, offen und interessiert begegnen, wenn wir zuhören und verstehen wollen, dann können wir dazu beitragen, dass wir Menschen trotz aller Unterschiede und in all unserer Vielfältigkeit friedlich miteinander leben können.
6. März 2025
Kulturen in Kontakt e.V.
Text: Mirjam Willert
Fotos: Stefanie Röschke, Sebastian Schröder-Esch














